Liebe Gemeinde,
hören Sie gern Geschichten? Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie mein Opa mir früher immer wieder Geschichten vorgelesen hat. Ich habe es geliebt. Geschichten sind spannend, regen die Fantasie an, verdeutlichen Dinge und laden zum Träumen ein. Gerade bei Geschichten zeigt sich, dass Sprache Wirklichkeit schafft. Gute Geschichten verdichten Dinge, so dass sie greifbar, erfahrbar, ja dass sie beinahe Wirklichkeit werden.
Wer gut Geschichten erzählen kann, versteht es, Menschen in seinen Bann zu ziehen. Jesus muss ein sehr talentierter Geschichtenerzähler gewesen sein. In der Serie „The Chosen“ wird dies immer wieder in eindrücklichen Szenen über Jesus zum Ausdruck gebracht.
Wenn ich in unseren Gottesdiensten immer wieder das Evangelium verkünden darf und in diesen Wochen immer wieder die Gleichnisse Jesu vortrage, dann geht mir dies immer sehr nah. Diese Geschichten, diese Gleichnisse, die Jesus erzählt,
um die Wirklichkeit zu deuten, um deutlich zu machen, wer dieser Gott ist, auf den wir unsere Hoffnung setzen können. Geschichten, die nicht immer von einem Happy end erzählen, aber dadurch lebensnah und weiterführend sein.
Liebe Schwestern und Brüder,
wir brauchen mehr solcher Geschichten. Geschichten, die das Leben bereichern, die Dinge deutlich in den Blick nehmen und aufzeigen, was wirklich zählt. Geschichten, die versuchen, das Unfassbare fassbar zu machen, gerade mit Blick auf unseren Glauben. Denn dies frage ich mich schon: Wo sind die begnadeten Geschichtenerzähler wie Jesus, die Lust auf diese Wirklichkeit machen? Die Menschen anrühren, um ihnen vielleicht ein wenig Neugier auf die Spur Gottes zu machen?
Oftmals lese ich bei kirchlichen Geschichten in den Medien nur die Kritik, das, was nicht hoffnungsvoll ist, das, was in keinem Fall Gott ausmacht und ich frage mich dann, wo ist die andere Seite? Wo sind die Geschichten, die von der reichhaltigen Fülle Gottes erzählen? Die vom Leben sprechen, von der befreienden Botschaft des Evangeliums?
Sie sind da! Immer wieder. Oft werden diese Geschichten von Menschen erzählt, wo man es nicht erwarten würde, bei einem Trauergespräch, zwischen Tür und Angel … Geschichten, die das Leben schreibt und die doch so viel mehr sind.
So möchte ich Sie in diesen Wochen ermutigen: Erzählen Sie sich Geschichten! Erzählen Sie sich Gleichnisse wie Gott für sie ist, welche Erfahrungen sie mit ihm gemacht haben und lassen sie sich von den vielen negativen Geschichten in der Welt nicht unterkriegen!
Joachim Brune, Pfarrer
Auszug aus dem Wochenbrief Nr. 42