Liebe Gemeinde.
Prominente und die Grenzen des Lebens
Ob arm ob reich
Geburt, Krankheit, Abschied, Sterben – die Grenzsituationen des Lebens bleiben niemandem erspart. Der Publizist Dr. theol. Christian Heidenreich schreibt in einem Artikel in „Christ in der Gegenwart“ Nr. 38 dieses Jahres von zwei Ikonen der Modewelt: Karl Lagerfeld (1933-2019), Modeschöpfer, Designer und Fotograf und des ehemaligen „Supermodels“ Linda Evangelista (geboren 1965). Karl Lagerfeld mit seiner „Rokoko“ Kleidung und seinem Gehabe schien ein bisschen nicht von dieser Welt. Seine Sprüche – „Man hat die Kontrolle über sein Leben verloren, und dann geht man eben in Jogginghosen auf die Straße“ – wie seine bestens gefüllte Bibliothek oder auch seine Großzügigkeit sind Legende. In dem Erinnerungsbuch seines Leibwächters und Vertrauten Sébastian Jondeau mit dem Titel („Wie geht es dir, lieber Karl?“) zitiert er Lagerfelds letzte Worte, die er im Krankenhaus in Neuilly bei Paris gesprochen hat:
„Wie bescheuert, drei Rolls-Royce zu besitzen und
in einem so heruntergekommenen Zimmer zu enden.“ Treffende, ironische, böse Worte. Die Drastik eines Lebens schert sich keinen Deut um Lebensalter, Kontostand oder Vorrechte. „Drei Roll-Royce“, das steht für einen Luxus, der nur einem Promille der Menschheit zugänglich ist. In einem in aller Regel nicht glanzvollen Zimmer zu „enden“ steht uns allen bevor. Ob reich, ob arm – die Grenzsituationen des Lebens sind allen zugedacht. Entrinnen nicht möglich. Die Kanadierin Linda Evangelista packte ihre Karriere in merkbare Formeln „Für weniger als 10 000 Dollar am Tag stehen wir gar nicht auf“. Nach einer missglückten Schönheitsoperation und einem fünf Jahre andauernden Kampf gegen den Brustkrebs, sagte sie: „Ich weiß, dass ich mit einem Fuß im Grab stehe, aber ich bin im Feiermodus. Der Satz ist ungewöhnlich, widerständig, berührend. Als Christen dürfen wir weitergehen, an Hiob denken und an Jesus von Nazareth. Ihr Leben bietet keinen wohlfeilen Trost. Das große Warum wird nicht aufgelöst. Doch halten Hiob wie Jesus für uns die Gottesfrage offen, das „Gottesgerücht“ (Paul M. Zulehner) am Leben. Karl Lagerfeld und Linda Evangelista rufen uns jene grundlegende Erfahrung ins Gedächtnis: Wir alle sind nur Gäste des Lebens. Zerbrechlich allemal, nicht selten ratlos. Doch gespannt auf das, was kommen mag, was bleibt.
In diesem Sinne
Achim Klaschka, Pfarrer em.
Auszug aus dem Wochenbrief Nr. 41