Was ist Wahrheit?

Liebe Leserin, lieber Leser!

Am Ende des Kirchenjahres kommt noch einmal die Wahrheit ins Spiel. „Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“
Das sagt Jesus im Gespräch mit Pilatus. Der fühlt ihm auf den Zahn, weil er wissen will, was es denn mit diesem seltsamen König auf sich hat.
Was Pilatus dann antwortet – „Was ist Wahrheit?“ – steht nicht mehr im Evangelium des heutigen Christkönigssonntags, aber es ist für mich eine ganz aktuelle Frage. Ich ahne den Tonfall, das Achselzucken, vielleicht sogar die Resignation, mit der Pilatus diese Frage stellt. „Wahrheit?
Was ist schon Wahrheit?“
Diese Frage geht auch mir  durch den Kopf, wenn ich an die Entwicklungen dieser Tage denke. Was bedeutet schon Wahrheit? Da wird jemand zum Präsidenten gewählt, der nachweislich lügt und betrügt, beleidigt und verfälscht, manipuliert und täuscht. Was kann da die Wahrheit schon ausrichten? Da gibt es Verunglimpfungen, Fakes, Lügen in den sozialen Medien, die werden mit einem ‚Daumen hoch‘ geteilt und geliket und wieder geteilt. Hauptsache bissig und scharf.
Mir macht es Angst, wenn die Wahrheit beliebig wird und Fakten keine Rolle mehr spielen. Wenn die Lüge sich durchsetzt, weil sie sich vermeintlich auf die Seite der ‚kleinen Leute‘ stellt und einfache Lösungen anpreist.
Wie können wir in einer Welt voller Täuschung und Lügen bestehen?
Lohnt es sich überhaupt noch, aufrichtig zu sein? Was lässt mich wahrhaftig sein? Vielleicht das:
Manchmal stehenbleiben und mich vergewissern, ob ich noch auf dem richtigen Weg bin. Eingestehen, wenn ich mal falsch liege. Das Herzklopfen zulassen, wenn ich mich gegen Unrecht und Täuschung ausspreche. Nicht ja sagen, wenn ich nein meine – und umgekehrt. Sich fragen lassen. Antworten geben. Das Gespräch (ver-)suchen. Wissen wollen, was den/die andere bewegt. Das Gute wollen. Dem Frieden nachjagen.
Dabei Gott als Verbündeten betrachten. Zuversichtlich bleiben.

Gertrud Sivalingam, Pastoralreferentin